Tierarzt Training oder auch Happy Visit Teil 3/4

Tierarzt Training oder auch Happy Visit Teil 3/4

Schön, dass du wieder mit dabei bist!

In Teil 1 der Reihe habe ich dir aufgezeigt, welche positiven Auswirkungen ein solches Training haben kann. In Teil 2 dann die Folgen die entstehen können, wenn man nicht vorbeugend handelt.

Heute geht es um wichtige Informationen und Hintergrundwissen, die dir das Training erleichtern werden und mit denen du auch Fehler vermeiden kannst.

Hundetraining ist einfach – wenn man weiß wie!

Es gibt immer und überall kleine oder auch größere Stolperfallen, die dafür sorgen, dass man am Ende nicht zum erwünschten Ergebnis kommt. Und vor allem bei Themen wie Angst oder Schmerzen ist es extrem wichtig so viel wie möglich Hintergrundwissen zu haben, damit das Training auch den Erfolg zeigt, den ich mir wünsche.

Mögliche Trainingsziele

Dir sollte erst einmal bewusst sein, wie deine Endziele aussehen könnten:

  • Problemlos Maulkorb und Halskragen/Body tragen
  • Stillhalten beim Blutabnehmen und Injektionen setzen
  • Stressfreies und ruhiges festhalten und hochheben des Hundes
  • Allgemeines Abtasten des gesamten Körpers inkl. Geschlechtsteile
  • Fiebermessen
  • Ruhig auf dem Tisch stehen und liegen bleiben
  • Ohren, Augen und Pfoten untersuchen lassen
  • Freiwilliges Maulöffnen und Zähne kontrollieren lassen
  • Zulassen, dass Geräte den Körper berühren
  • Röntgen und Ultraschall ohne Narkose
  • Augentropfen geben
  • Medikamente geben
  • Entspannt kämmen und duschen lassen
  • Zecken entfernen
  • Krallen schneiden
  • Zäpfchen eingeben
  • Stillhalten beim Hundemantel Anziehen im Winter
  • Usw.

Deine Aufgabe drei befasst sich mit deinen Trainingszielen und der Wichtigkeit deiner Ziele:


Der Aufbau

Ist das Training in den richtigen Abläufen und kleinen Schritten aufgebaut so kann man sehr viel auch in relativ kurzer Zeit erreichen. In kleinen Schritten bedeutet, dass man ein Trainingsziel, wie z.B. das Augentropfen geben in viele kleine Zwischenschritte aufteilt.

Auf diese Weise wird der Hund nicht überfordert, da er die Schritte einzeln in seinem Tempo kennenlernen kann. Mehr dazu in Teil 4/4.

Situations- und kontextbedingte Lernen

Hunde lernen immer situationsabhängig und kontextgebunden. Sie speichern Erfahrungen immer in Bezug zu den anwesenden Umweltreizen und den Situationen ab. Dazu zählen die auditiven (Hören), visuellen (Sehen), olfaktorischen (Riechen) sowie taktilen (Tastempfindung) Reize.

Warum brauche ich Hintergrundwissen für das Training?

Bringen wir unserem Hund etwas Neues bei, so verknüpft dieser erstmal hauptsächlich den Kontext und unsere Körpersprache. Das akustische Signal wird dann Stück für Stück mit eingebaut.

Dir ist bestimmt im normalen Training mit deinem Hund schon aufgefallen, dass ein neu aufgebautes Verhalten im Wohnzimmer vielleicht klappt, gehst du allerdings in den Flur, so klappt es irgendwie nicht mehr so.

Das ist das beste Beispiel dafür, dass der Hund das erwünschte Signal mit den Umweltreizen und Örtlichkeiten verknüpft. Hier kommt es zu einem zusammengesetzten Signal (Kontextreize des Wohnzimmers und die Signale des erwünschten Verhaltens).

Und deswegen ist es so wichtig, dass mir einerseits bewusst ist, wie mein Hund lernt und verknüpft (sonst bin ich schnell enttäuscht und demotiviert) und ich die Signale für das Tierarzttraining so aufbaue, dass ich mich Schritt für Schritt an die reale Tierarztsituation herantaste.

Meine Empfehlung:
Themenabend „Wie lernt mein Hund“

Erwarte ich also, dass das Training, was ich zuhause aufgebaut habe in der Tierarztpraxis ebenso zuverlässig funktioniert wie zuhause, überfordere ich meinen Hund auf jeden Fall und ich selber bin enttäuscht.

Zuhause ist zuhause – Praxis ist Praxis

Für den Hund sind die Signale in der Praxis unvollständig und lückenhaft, da ihm der Kontext aus dem Wohnzimmer fehlt. Somit ist das erlernte Verhalten zuhause definitiv stark abgeschwächt oder wird sogar gar nicht gezeigt.

Du musst also darauf achten, dass du dein Training in verschiedenen Situationen und an verschiedenen Orten aufbaust und auch zum „untersuchen“ verschiedene Menschen hernimmst, denn nur so kann dein Hund lernen, dass das Verhalten nicht an einen speziellen Ort oder an eine Person gekoppelt ist.  

Bagira kann zum Beispiel das Signal ruhig „AUF DER SEITE LIEGEN“ überall. Egal ob im Wald, auf der Wiese, im Garten. Und natürlich kann er es dann auch in der Praxis. Und das ist eine große Hilfe. Hierfür baust du den Trick „Auf der Seite liegen“ Stück für Stück auf.

Management

Was mache ich, wenn mein Hund während des Trainings knurrt?

Knurrt dein Hund während des Trainings, darfst du ihn auf keinen Fall maßregeln oder ihm das knurren verbieten. Das Knurren ist eine Lebensversicherung, mit der er uns warnt und mit der er zum Ausdruck bringt, dass ihm was unangenehm ist und er Abstand möchte. Knurren ist eine soziale Kommunikation!

Verbiete ich meinem Hund das knurren, so bleibt ihm oft nur noch das Schnappen. Verbiete ich ihm das Knurren mehrmals, so kann es sein, dass dein Hund diese Kommunikationsebene einstellt und auch in Zukunft nicht mehr warnt und das kann sehr gefährlich werden!

Hier solltest du das Training noch einfacher für deinen Hund gestalten, so dass er keinen Grund hat direkt in ein Abwehrverhalten zu gehen.

Schmerz löst ein Verhalten aus

Flucht, knurren oder gar schnappen können Anzeichen von Schmerzen sein! Vor allem dann, wenn dieses Verhalten immer bei bestimmten Körperregionen auftaucht. Solltest du schon fortgeschritten im Training sein und so etwas taucht plötzlich auf, solltest du auf jeden Fall deinen Tierarzt kontaktieren.

Was mache ich, wenn mein Hund ausweicht oder flüchten möchte?

Hier ist es oft so, dass deine Trainingsschritte viel zu groß gewählt sind und du deinen Hund überforderst. Schaue dir deine Schritte genau an und gestalte das Training einfacher und in kleineren Schritten.

Klappt es dann immer noch nicht, breche das Training für heute ab und fange morgen nochmal neu und mit Mini-Schritten an. Sollte auch das nicht funktionieren, können wir dir vielleicht in einer Einzelstunde weiterhelfen.

Generell könnte ein Training, was mit dem Clicker als Hilfsmittel aufgebaut wird, dir bewusster machen, welche kleinen Schritte es gibt und wie du sie punktgenau bestätigen kannst. Aber auch hier gilt: Der Clicker MUSS erst aufgebaut und konditioniert werden!

Was mache ich, wenn ich während des Trainings zum Tierarzt muss?

Wenn dein Hund einen Tierarzt braucht, dann braucht er einen Tierarzt, egal wie weit du mit dem Training bisher gekommen bist!  

Hier solltest du aber auf das Management achten und das du noch nichts von deinem Hund verlangst, was du ihm noch nicht beigebracht hast:

  1. Lasse deinen Hund im Auto und setze ihm nicht den Stress von Wartezimmer aus
  2. Vorausgesetzt dein Hund muss nicht nüchtern zum Tierarzt, kannst du gerne Futter als Ablenkungsmöglichkeit nutzen
  3. Versuche so ruhig wie möglich zu sein, denn dein Stress überträgt sich auf deinen Hund
  4. Bitte bei der Terminabsprache darum für euch etwas mehr Zeit einzuplanen. Das nimmt oft Druck und Stress, kann aber natürlich die Kosten etwas erhöhen.

Diese Management-Tipps ersetzen kein Training! Sie dienen lediglich zur Überbrückung bis dein Hund ein Alternativverhalten gelernt hat!

Heute ging es also darum, deine Ziele zu definieren und dir um das Management bewusst zu werden. Im nächsten und letzten Teil 4 der Reihe beschäftigen wir uns mit dem Aufbau der einzelnen Elemente des Tierarzttrainings.


Deine möglichen Ziele nochmals im Überblick:



Vielen Dank, dass du meinen Artikel bis zum Schluss gelesen hast.
Ich freue mich sehr auf jegliches Feedback, über deine Meinungen und Gedanken und freue mich wenn du den Artikel weiter teilst.

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Über die Autorin
Saskia Katharina Siebel

Ich bin leidenschaftliche Hunde- und Menschentrainerin und eine absolute Herzensangelegenheit ist die Tierfotografie.

Seit einigen Jahren schreibe ich regelmäßig Blogartikel (die es manchmal auch in sich haben) und trotzdem ist das Feedback von euch darauf großartig. Viele von euch nehmen sich meine Worte zu Herzen und viele von euch fangen an sich und ihr Verhalten zu reflektieren. Somit hab ich mein Ziel erreicht 🙂

Ich wünsche mir ein friedvolles, faires und stressfreies Miteinander für jedes Mensch-Hund-Team. Dazu gehört aber mehr als nur Gassigehen und dem Hund Signale beibringen.

Das Wichtigste ist:

Arbeite an dir und lasse dich auf deinen Hund ein. Lerne deinen Hund zu verstehen. Lerne deinen Hund zu lesen. Sei mit Verstand und Herz dabei!

Das Ergebnis wird dich staunen lassen!

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