Halti®, Gentle Leader® und Co. – richtig eingesetzt, die Servolenkung für den Hund

Halti®, Gentle Leader® und Co. – richtig eingesetzt, die Servolenkung für den Hund

Es ist für euch wahrscheinlich ein vertrautes Bild, wenn Pferde an einem Halfter geführt werden und die meisten Menschen denken darüber gar nicht nach. Wenn allerdings ein Hund am „Halfter“ geführt wird, entstehen oft aus Unwissenheit große Diskussionen.

Manche sprechen in diesem Zusammenhang sogar von Tierquälerei, andere dagegen sehen das Halti®, Gentle Leader® & Co als nützliches Hilfsmittel für den gesamten Trainingsprozess an.

Und genau deswegen möchten wir euch heute was darüber erzählen.

Hilfsmittel wie das Kopfhalfter sind definitiv nicht unsere erste Wahl, wenn ein Kundenhund mit einer Verhaltensauffälligkeit (z. B. Aggression oder „nur“ ein starkes Leinenziehen) zu uns kommt.

Erste Wahl wird immer sein, dass der Mensch es schafft durch seine Verhaltensänderung und über korrekte Verknüpfungen das Verhalten so zu beeinflussen, dass keine Hilfsmittel nötig sind.

In vielen Fällen lassen sich Verhaltensauffälligkeiten nicht anders angehen, da die meisten Hunde dem Menschen körperlich so überlegen sind, dass ohne Kopfhalfter überhaupt kein effektives Training möglich ist.

Gentle Leader® (nur fürs Foto angezogen!)

Bagira wiegt seine guten 50 kg und würde er irgendwo hinwollen, dann würde ich definitiv nur wie ein Wetterfähnchen hinter herfliegen.

Bagira hat gelernt 1a bei mir zulaufen, doch es gab auch bei ihm manche Situationen, wo ihm alles zuviel geworden ist und ich war in dem Moment froh diese Servolenkung an ihm zu haben.

Bin ich mit ihm in der Stadt unterwegs, trägt er einen Gentle Leader®. Diese feine Führung am Kopf gibt ihm Sicherheit und mir natürlich auch.

Grundvoraussetzung sind der richtige Einsatz und die Handhabung! Erst dann ist das Halti®, Gentle Leader® und Co. ein effektives und nicht tierschutzrelevantes Hilfsmittel.

Halti®, Gentle Leader® und Co. unterstützen situativ Symptome, lösen aber nicht die dahinterliegenden Probleme und sind auch kein Ersatz für eine vernünftige Erziehung!

Es soll lediglich einen Übergang zum vernünftigen Laufen an der Leine, dem Blickaufbau zum Menschen und dem Gegenkonditionieren von verschiedenen Verhaltensweisen dienen.

Vor dem Kauf eines Kopfhalfters empfehlen wir dringend die Aufklärung durch uns Trainer oder einer anderweitig qualifizierten Person. Bei falscher Nutzung kann nämlich mehr schief laufen als man denkt und der eigenständige Versuch, etwas verbessern zu wollen kann nach hinten losgehen.

KEINE LÖSUNG FÜR FAULE

Das Kopfhalfter ist keine Lösung „für Faule“.  Der Mensch muss an sich arbeiten! Denn meist ist durch sein meist unbewusstes Fehlverhalten erst die Problematik entstanden, die jetzt das Halfter auf schnellem Wege „richten“ soll. Auch hat der altbekannte Leinenruck hier genauso wenig zu suchen, wie ohne Kopfhalfter.

Dem Hund durch Führung Sicherheit geben, darum geht es!

Fakten

HALTI Optifit Head Collar
  • Ein Halti®, Gentle Leader® und Co. hat Ähnlichkeit mit einem Pferdehalfter
  • Ein Halti®, Gentle Leader® und Co. ist KEIN Maulkorb
  • Mit Hilfe vom Halti®, Gentle Leader® und Co. kann der Hund besser kontrolliert werden – vor allem schwere Hunde
  • Bei richtiger Anwendung fügt man dem Hund keinen Schmerz zu und es würgt ihn auch nicht
  • LEINENRUCK ist TABU
  • Der Hund kann mit Halti®, Gentle Leader® und Co. sein Maul zum saufen, hecheln und fressen ganz öffnen
  • Die Leine darf nicht länger wie 1,5 m sein
  • Schleppleinen haben an Halti®, Gentle Leader® und Co. nichts zu suchen
  • Spezielle Haltileinen erleichtern den Umgang (z. B. LAZY LEAD ® Haltileine)
  • Im Freilauf, im Auto und in der Wohnung ist das Hilfsmittel auszuziehen
  • Es kann als zeitbegrenztes Hilfsmittel oder dauerhaft benutzt werden

Was genau machen Halti®, Gentle Leader® und Co.?

Halti®, Gentle Leader® und Co. wirken durch eine mechanische Einwirkung auf den Kopf des Hundes.

Der Mensch kann z. B. beim Annähern eines fremden Hundes, sanft den Kopf seines Hundes zu sich heranziehen um so einen Blickkontakt zu seinem Hund aufbauen zu können. Hiermit kann die Konzentration des Hundes wieder auf den Menschen umgelenkt werden und z. B. aggressive Verhaltensweisen können unterbrochen werden.

Ebenso funktioniert das ganze natürlich auch bei Hunden, die „nur“ gelernt haben ziehenderweise zum Ziel zu kommen. Hier gibt dieses Hilfsmittel die Möglichkeit den Hund auszubremsen und die Aufmerksamkeit sanft immer wieder auf den Menschen zu richten.

Beide Beispiele bedeuten Management der Situation. Und dieses Management kann sehr schnell das Verhältnis von Mensch und Hund entspannen.

Durch das neue Gefühl, am Kopf geführt zu werden, reduzieren viele Hunde automatisch das Ziehen. Verhaltensmuster und Gewohnheiten werden in dem Moment durchbrochen und der Hund merkt so schneller, dass er nicht mehr kräftemäßig überlegen ist.

Sollte der Hund gelernt haben sein Gewicht gezielt einzusetzen, kann mit dem Halfter wieder eine gewisse Kontrolle gewonnen werden. Der Hund könnte mit Halti®, Gentle Leader® und Co. nur noch maximal mit seinem Kopf ziehen und nicht mehr mit seinem Körper. Somit können auch kräftemäßig überlegene Hunde leichter geführt werden.

Hilfsmittel helfen nur dann beim Training, wenn der Mensch mitdenkt, umdenkt und vorallem umlernt

Was ist im Umgang alles zu beachten:

Anpassung

Als ersten muss ein Halti®, Gentle Leader® und Co. individuell auf den Hund angepasst werden.

Der Hund sollte es sich nicht beim rückwärtsgehen über die Ohren ziehen können, daher sollte der Riemen hinter dem Kopf so eng anliegen, dass noch ca. 2 Finger dazwischen passen.

Der Riemen unter den Augen, der über die Nase geht, sollte nicht das Sichtfeld einschränken und ca. 1 cm unterhalb der Augen auf der Nase sitzen. Das Halti sollte nirgends unterhalb der Schnauze einschnüren.

Ist es zu groß oder zu klein, kann es schmerzhaft scheuern, verrutschen oder gar bestimmte Stimulationspunkte an dieser empfindlichen Stelle überreizen.

Gewöhnung

Ist die richtige Auswahl der Größe und der Art (Halti®, Gentle Leader® und Co.) getroffen, folgt die sorgfältige Gewöhnung. Diese Gewöhnung MUSS vor der Benutzung durchgeführt werden!

Eine Gewöhnung dauert in der Regel 7 – 10 Tage bei täglichem Training. Am Ende der Gewöhnung sollte der Hund freudig und entspannt selber in das Halti reinschlüpfen wollen und keinesfalls es als lästig empfinden.

Anwendung

Halti®, Gentle Leader® und Co. sollten möglichst „passiv“ geführt werden, d. h. man hält die Leine einfach in der entsprechenden Länge fest. Generell gilt, dass man den Hund nie nur am Halti®, Gentle Leader® und Co. führen darf!

Es eignen sich spezielle Leinen (LAZY LEAD ® Haltileine) indem der Haupthaken am Halsband befestigt wird und nur eine kleine Verbindung von der Hauptleine aus zum Halti-Ring geht. Auch hier muss eine genaue Anpassung gemacht werden!

Man kann auch eine Führleine nehmen, die an beiden Enden einen Karabiner hat, allerdings bedeutet dies noch genaueres Management und Feingefühl. Wichtig ist, dass das Ziehen des Hundes immer über die Führleine und das Halsband abgefangen wird und niemals durch Halti®, Gentle Leader® und Co.

Ist hier alles richtig beachtet worden und der Hund sollte jetzt ziehen, wirkt das Halti „selbstkorrigierend“.

Das Halfter sollte grundsätzlich dazu genutzt werden, die Aufmerksamkeit des Hundes in für ihn schwierigen Situation und Reizquellen auf den Menschen zu lenken und ihm so die Möglichkeit für weitere Kommunikation zu geben.

Auch aggressive oder gestresste oder Verhaltensweisen können so unterbrochen oder im besten Fall im Voraus verhindert werden.

Falsche Nutzung

Wie bei allen Hilfsmitteln, kann auch beim Halti®, Gentle Leader® und Co.- Gebrauch vieles falsch gemacht werden. Grundsätzlich ist die Arbeit des Hundehalters an sich selber mit am wichtigsten.

Das Halti sorgt für eine direkte Verbindung des Menschen zu einer sehr empfindlichen Körperstelle des Hundes und sollte nur zur „feinen“ Kommunikation genutzt werden.

Aufgeregtes Zuppeln oder unruhiges Ziehen an der Leine wird den Hund überfordern, verunsichern und ihn dazu bringen, diese für ihn unverständlichen Signale schnell zu ignorieren.

Es besteht auch die Möglichkeit von körperlichen Auswirkungen bei unsachgemäßer und falscher Nutzung!

Wird dem Hund regelmäßig sein Kopf ohne Vorwarnung zur Seite gerissen, wird er sich im Bereich der Nacken- und Schultermuskulatur stark verkrampfen, was mit der Zeit negative Auswirkungen auf seine Gelenke und den gesamten Körper haben kann.

Wird ein Hund an einer langen Leine direkt nur über das Halfter geführt und er sprintet los und wird nur über das Halfter gestoppt, können erheblich Schäden an der Halswirbelsäule entstehen!

An Halti®, Gentle Leader® und Co. gehören weder eine Schleppleine noch eine Leine die länger als 1,5 m ist!

Zeigt der Hund stark unterwürfiges und gehemmte Verhalten mit Halfter, verändert es sein natürliches Verhalten. Hier muss genau überprüft werden, warum der Hund das zeigt! In solchen Fällen kommt das Hilfsmittel erst einmal weg!

Fazit:
Bei fachgerechter Anwendung können Halti®, Gentle Leader® und Co.  gute Hilfsmittel sein, welches dem Menschen und auch dem Hund mehr Lebensqualität bieten können!

Vielen Dank, dass du meinen Artikel bis zum Schluss gelesen hast.
Ich freue mich sehr auf jegliches Feedback, über deine Meinungen und Gedanken und freue mich wenn du den Artikel weiter teilst.

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Über die Autorin
Saskia Katharina Siebel

Ich bin leidenschaftliche Hunde- und Menschentrainerin und eine absolute Herzensangelegenheit ist die Tierfotografie.

Seit einigen Jahren schreibe ich regelmäßig Blogartikel (die es manchmal auch in sich haben) und trotzdem ist das Feedback von euch darauf großartig. Viele von euch nehmen sich meine Worte zu Herzen und viele von euch fangen an sich und ihr Verhalten zu reflektieren. Somit hab ich mein Ziel erreicht 🙂

Ich wünsche mir ein friedvolles, faires und stressfreies Miteinander für jedes Mensch-Hund-Team. Dazu gehört aber mehr als nur Gassigehen und dem Hund Signale beibringen.

Das Wichtigste ist:

Arbeite an dir und lasse dich auf deinen Hund ein. Lerne deinen Hund zu verstehen. Lerne deinen Hund zu lesen. Sei mit Verstand und Herz dabei!

Das Ergebnis wird dich staunen lassen!

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